Der Übergang zwischen diesen verschiedenen Räumen oder der Übergang zwischen "space" und "room" muss nun wiederum als ein selbstdefiniertes Objekt geschaffen werden: "Stattdessen muss der Übergang durch Mittel gestaltet werden, die selbst definierte Orte des Dazwischen sind und die gleichzeitig die Aufmerksamkeit darauf lenken, was auf der einen und was auf der anderen Seite von Bedeutung ist. Ein so verstandenen Ort der Überleitung wäre die Voraussetzung für die Möglichkeit, konfliktgeladene Gegensätze als zusammengehörige Phänomene zu erfahren" (Komplexität, S.127).

Diese Erfahrung des Widerspruchs zwischen ist für Venturi "eine ganz wesentliche Dimension städtischer Architektur" (Komplexität, S.130) und materialisiert sich in der spezifischen architektonischen Gestalt der Wand: "Sobald sich das Innen vom Außen unterscheidet, wird die Wand - der Ort des Übergangs - zu einem architektonischen Ereignis. Architektur entsteht da, wo die internen und externen Wirkungsresultanten aus Nutzung und Raum sich treffen. Diese internen und externen, aus der Umwelt herkommenden Kraftlinien entspringen sowohl allgemeinen als auch besonderen Interessen, notwendigen und zufälligen. Als Scheidewand zwischen Innen und Außen wird Architektur zum räumlichen Dokument ihres Ausgleichs, aber auch ihrer Kräfte selbst. Wenn die Architektur diesen Unterschied zwischen Innen und Außen wieder ernst nimmt, kann sie 

schließlich auch wieder einer Sicht auf das urbane Ganze die Tore öffnen" (Komplexität, S.135). Alberti hatte diesen Gegensatz von Innen und Außen als den Gegensatz von privat und öffentlich, individuell und kollektiv formuliert und auch für ihn war die Wand mit ihren Öffnungen die besondere Stelle, wo diese Gegensätze aufeinandertreffen und zu einem Ausgleich kommen müssen.

Mit dem Loslösen der Haut vom Körper, wie es Venturi am Strip von Las Vegas aufzeigt und auch als Strategie favorisiert, gibt es dieses Wandproblem nicht mehr, und wir haben es nunmehr mit einer postarchitektonischen Stadtarchitektur zu tun. Dann stellt sich natürlich die Frage, ob der Strip als Beispiel der postarchitektonischen Stadt noch als "urban" im Sinne seines ersten Buches "Komplexität und Widerspruch in der Architektur" bezeichnet werden kann?

Das Problem der verlorengegangenen Zeichenhaftigkeit der modernen Architektur hat sich Venturi mit dem Abschied vom Raum erkauft. Zwar hat er die Zeichenhaftigkeit, aber nicht den Raum, den städtischen öffentlichen Raum zurückgewonnen. Es ist interessant zu sehen, wie Venturi der Architektur, dem Haus Komplexität und Widersprüchlichkeit zuspricht aber diese Kriterien nicht auf die Stadt übertragen mag. Fünf Jahre nach "Komplexität und Widerspruch" beschreibt Venturi eine Stadt, in der offensichtlich das Verhältnis von Innen und Außen nichts mehr gilt, bzw. die Grenze 

nicht mehr architektonisch ausformuliert werden muss. Das mag natürlich auch an seinem Untersuchungsgegenstand, dem Strip von Las Vegas, gelegen haben, denn Las Vegas als ein räumliches Kommunikationssystem, in dem das Primat des Symbolischen vor der Form herrscht, kann den Raum nicht mehr gelten lassen: "Er oder sie muss sich der Führung durch Zeichen anvertrauen" (Las Vegas, S.19). Sein Untersuchungsgegenstand ist auch deshalb gar nicht die Stadt oder eine Stadt, sondern nur eine Ansammlung von Zeichen: "Wenn man die Zeichen wegnimmt, gibt es keine Stadt mehr".

Das Haus und die Stadt: Übersicht